Die Praxis zählt: Prüfungsvorbereitung der Azubis im Gastgewerbe
Tische eindecken und À-la-carte-Service, frische Produkte verarbeiten und ganz nah am Gast sein: Vielen Auszubildenden in der Gastronomie und Hotellerie, die kurz vor oder während der Corona-Pandemie ihre Ausbildung begonnen haben, sind diese Dinge fremd. Dennoch müssen sie – wie die Generationen vor ihnen auch – im Sommer ganz regulär ihre Prüfungen ablegen. Da ist es nur logisch, dass die Unsicherheit groß und das Selbstvertrauen dementsprechend klein ist. Um die angehenden Fachkräfte fit für die Prüfungen zu machen und mit dem dringend nötigen Praxiswissen zu versorgen, haben der DEHOGA Hessen und die hessischen IHKn nun bereits zum zweiten Mal an verschiedenen Standorten im Bundesland Praxiskurse organisiert. Unterstützt wird die Initiative mit knapp einer halben Million Euro vom Land Hessen. Das Angebot hat auch dieses Jahr wieder großen Anklang gefunden – während der Osterferien haben sich rund 400 Auszubildende in 12 hessischen gastgewerblichen Ausbildungsbetrieben auf ihre Abschlussprüfungen vorbereitet. Wie es lief? Wir waren in einigen Locations vor Ort und haben uns bei den Auszubildenden umgehört.
Gesellschaftshaus Palmengarten & Lafleur Restaurant
„Das Gastgewerbe hat besonders unter den Folgen des Lockdowns gelitten. Gerade bei einer Ausbildung in der Gastronomie sind praktische Erfahrungen unumgänglich“, erklärt Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Philipp Nimmermann bei der Pressekonferenz zum Kursstart im Gesellschaftshaus Palmengarten. Auch deshalb wende die Landesregierung erneut erhebliche Mittel auf, um die Qualität der Berufsausbildung aufrechtzuerhalten. „Das ist eine wichtige Investition in den Nachwuchs und die gesamte Branche. Das hessische Gastgewerbe hat, gerade mit hochwertig ausgebildeten Fachkräften, eine gute Zukunft“, ergänzt Ulrich Caspar, Vizepräsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK) und auch DEHOGA-Hessen Präsident Gerald Kink fordert nach der schwierigen Zeit der Branche zum Vorausschauen auf: „Um den Betrieben auch zukünftig Überlebenschancen zu sichern, benötigen wir dringend kompetente und motivierte Mitarbeiter:innen. Die Karriereaussichten in unserer Branche sind mehr denn je hervorragend.“
Beim Rundgang durch den stilvollen Gastraum und die Küche des angeschlossenen Zwei-Sterne-Restaurants Lafleur mit Gastgeber Robert Mangold (Geschäftsführender Gesellschafter Tiger & Palmen Gruppe) wird klar: Die Motivation ist ab Tag eins der Kurse groß. Vom Service am Tisch, über Check-in an der Rezeption, bis zum Gemüseschneiden in der Küche – angeleitet von erfahrenen Fachkräften ihres Bereichs stellen die Auszubildenden ihr Können unter Beweis und holen das Praxiswissen nach.
Sheraton Offenbach Hotel
„Laufrichtung beachten!“, schallt es durch die offenen Räume des PURE Restaurants im Sheraton Hotel am Büsing Palais in Offenbach. Angehende Hotelfachfrauen und -männer üben hier in Rollenspielen die Vorbereitung der Tische und korrekte Bewirtung der Restaurantgäste. Nach einem kurzen Theorieteil stehen der Gästeempfang, Weinflaschen-Entkorken am Tisch und der verbindlich-unaufdringliche Smalltalk mit den Gästen an. Auch wenn es sich bei letzteren „nur“ um Mitschüler:innen oder Dozent:innen handelt, ist die leichte Aufregung spürbar.
Barchefin Nadine Ebner, die als Dozentin für Service/Restaurant/Bar die Prüflinge betreut, ist angetan von der Motivation ihrer Schützlinge und der Idee der Vorbereitungskurse: „Der Kenntnisstand war theoretisch gar nicht so schlecht, aber wenn es um‘s Praktische und Fachliche ging, war es doch recht wenig, weil die Azubis gar keinen Service gemacht hatten. Ich denke, der Nutzen der Kurse ist sehr gut, weil man mit allen Teilnehmer:innen nochmal gezielt die Prüfung vorbereiten kann.“ Kenan Weida, der im Achat Hotel Offenbach seine Ausbildung zum Hotelfachmann absolviert, fühlt sich durch die Kurse nun viel sicherer: „Die Kurse haben mir geholfen, die praktische Erfahrung nachzuholen. Ich fühle mich besser vorbereitet und man fühlt sich am Gast auch selbstbewusster.“
Restaurant Burg Gleiberg
Auch in der idyllischen Kulisse der Burg Gleiberg im mittelhessischen Wettenberg laufen die Prüfungsvorbereitungen auf Hochtouren. Restaurantfachleute und Köch:innen üben hier ebenfalls die Abläufe im À-la-carte-Betrieb. Während es in der Küche an die Konzeption eigener Menüs geht, wird draußen der Gastraum eingedeckt und hergerichtet. Mit Eintreffen der Testesser:innen (uns eingeschlossen) finden dann Lachstartar mit Avocadocreme, Shiitakepilzen und Wildkräutersalat sowie Zweierlei vom Wildschwein mit Wildjus, jungen Karotten, Kartoffeln und Bärlauchstampf ordnungsgemäß ihre Wege an die Tische.
Über das Angebot der Kurse sind die Auszubildenden auch hier sehr froh. „Durch Corona hat mir sehr viel Praxis gefehlt, fast zwei Jahre“, sagt Koch Benedikt Stähler aus dem Ernst Leitz Hotel in Wetzlar. „Daher haben mir viele Kenntnisse gefehlt, das habe ich während der Kurse gemerkt. Da waren Lücken da, die in kurzer Zeit nachgeholt werden mussten. Die Kurse haben mir dabei sehr geholfen und mir gezeigt, wo es hapert.“ Mitauszubildender Lukas Grekas, der in „La Vinoteca“ in Wetzlar eine Ausbildung im Restaurantfach macht, ergänzt: „Wir arbeiten viel mit Menschen und durch den Abstand hat mir das Nah-am-Gast-Sein komplett gefehlt. Und auch überhaupt das Gespräch mit Menschen. Die Kurse haben mir sehr geholfen, wir sind nochmal alles durchgegangen, ganz von Anfang an. Und man hat auch mal andere Leute kennengelernt.“ „Das große Manko bei den Azubis war der Umgang mit frischen Produkten“, erklärt Dozent Axel Horn. „Fisch filetieren, Fleisch zerlegen, parieren und Grundsaucen herstellen. Die Teilnehmer:innen nehmen das Angebot jedoch sehr gut an und sind motiviert. Ich denke, dass fast alle die Prüfungen bestehen werden.“
Nach zwei Wochen, einem vollen Stundenplan und einer ganzen Menge an neuem Wissen wünschen wir allen Auszubildenden weiterhin eine gute Prüfungsvorbereitung und viel Erfolg für die Abschlussprüfungen – Ihr schafft das!