Coole_Branche_Logo_red.png

Hi!

Hier gibt es die besten Momente aus der Gastro- und Hotelszene. Zeig uns auch deine mit #coolebranche!

Raum für Gestaltung: Im Gespräch mit Riccarda Sailer-Burckhardt

Raum für Gestaltung: Im Gespräch mit Riccarda Sailer-Burckhardt

 

1908 eröffnet, ist die traditionsreiche Bergiusschule am Sachsenhäuser Ufer die älteste Berufsschule Frankfurts. Von Anfang an standen Berufe mit einem Bezug zu Nahrung und Ernährung an der Schule im Mittelpunkt. Heute ist sie erste Anlaufstelle für Auszubildende in der Gastronomie und Hotellerie. Wir haben mit Riccarda Sailer-Burckhardt, Abteilungsleiterin Gastgewerbe, über die Arbeit mit jungen Menschen, die Verzahnung mit der Branche, Innovationen und die Lust am Gastgebertum gesprochen. 

Du leitest die Abteilung Gastgewerbe an der Bergiusschule – was bedeutet das?

Wir haben an der Bergiusschule drei Abteilungen: Die Nahrung, die sowohl die Herstellung als auch den Verkauf umfasst, deshalb ist der Ausbildungsberuf Koch und Köchin hier zu finden; die Vollzeitschule, bei der Schüler:innen ihren Mittleren Bildungsabschluss oder die Fachhochschulreife erwerben können, und das Gastgewerbe, zu dem Ausbildungsberufe wie beispielsweise Hotelfachfrau und -mann, Kauffrau und -mann für Hotelmanagement oder auch Fachfrau und -mann für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie gehören. Ich bin Ansprechpartnerin für Lehrer:innen und Schüler:innen dieser Abteilung sowie Schnittstelle zu den Betrieben und bin daher für das Netzwerken, Neuordnungen und die Umsetzung von Angeboten verantwortlich. Ein Projekt war zum Beispiel, die Zusatzqualifikationen in Gastro und Hotellerie und ähnliche Add-ons an die Schule zu holen.  

Die Bergiusschule hat eine über 100-jährige Tradition. Was ist das Einzigartige an der Schule und was gefällt Dir? 

Die Bergiusschule ist die älteste Berufsschule in Frankfurt und damit in ihrer Geschichte einzigartig. Sehr spannend finde ich die Auseinandersetzung mit Lebensmitteln, die von Anfang an im Ansatz der Schule verwurzelt war. Seit der Eröffnung 1908 kann man hier zum Beispiel den Beruf des Bäckers oder der Bäckerin erlernen. Früher waren auch Sonderberufe wie Schuhmacher:in oder Orthopäd:in an der Schule, heute kann man dafür beispielsweise auch einen Abschluss in Lebensmitteltechnik erlangen. Und: Lage, Lage, Lage. Die Location und altehrwürdigen Räumlichkeiten der Schule sind außergewöhnlich und sehr charmant.

Was ist das „Coole“ an Deiner Arbeit als Lehrkraft und Abteilungsleiterin? 

Ich bin seit 17 Jahren an der Schule und neben meiner Funktion als Abteilungsleiterin unterrichte ich auch in kaufmännischen Fächern, wie Rechnungswesen, und Englisch. Die Zusammenarbeit mit den Schüler:innen finde ich unglaublich bereichernd. Sie geben immer neue Impulse und es ist immer Bewegung – Lehre ist nie abgeschlossen. Auch die Arbeit im Kollegium finde ich sehr schön, ich war nie eine Einzelgängerin und sehe mich immer als Teil eines Teams. Total interessant finde ich es auch, mich in die kulinarischen Themenfelder rund um Speisen und Getränke hineinzudenken und weiterzubilden, sei es im Rahmen einer Verkostung oder einer Fortbildung zum Thema Kaffee. 

Wie funktioniert die Zusammenarbeit der Schule mit der Branche? 

Die funktioniert sehr gut und ist so wichtig wie fruchtbar. Mit der Frankfurt Hotel Alliance haben wir zweimal im Jahr ein Meeting. Im Rahmen unseres jährlichen Ausbildertreffens bieten wir bei uns in der Schule zudem regelmäßig Austausch, Gesprächsraum und spannende Diskussionen mit den Ausbilder:innen der Betriebe. Wir haben auch kontinuierliche Lernortkooperationen mit verschiedenen Häusern, bei denen wir gemeinsam mit dem Housekeeping Zimmerchecks durchführen dürfen. Für die Schüler:innen ist das unglaublich lehrreich und interessant, auch einmal in Betriebe außerhalb ihres Ausbildungsbetriebs hineinschauen zu können. Grundsätzlich muss man sagen: Wenn wir uns mit einer Klasse in der Branche zum Besuch ankündigen, rennen wir stets offene Türen ein. 

Was ist Dein wichtigstes Werkzeug bei der Arbeit und warum? 

Auf jeden Fall mein Kopf! Oft habe ich noch nicht meine Jacke abgelegt und muss schon Lösungen für spontane Probleme und Unklarheiten finden oder sehr schnelle und doch überlegte Entscheidungen treffen. Den Überblick haben, flexibel sein und viel im Kopf behalten – das ist das Wichtigste. 

Was musst Du selbst noch lernen? 

Grundsätzlich lernt man ja nie aus. Besonders lernen sollte ich jedoch, einmal Nein zu sagen. Ich bin sehr begeisterungsfähig für die verschiedensten Dinge und finde alles spannend. Dabei muss ich mir immer wieder bewusst machen, dass man nicht alles umsetzen kann – und nicht gleichzeitig.

Was treibt Dich in Deiner Arbeit an? 

Definitiv der Aspekt des Gestaltens. Jede Unterrichtsstunde bietet die Möglichkeit, zu gestalten. Durch meine Tätigkeit als Abteilungsleitung habe ich noch mehr Raum, über die Lerninhalte hinaus neue Initiativen und Projekte zu schaffen.

Was ist Dein Credo?

Alles, was Du aussendest, kommt zu Dir zurück! Mir ist es wichtig, andere Meinungen zuzulassen, zuzuhören und Kritik auf produktive und respektvolle Art und Weise zu formulieren. Das macht die Zusammenarbeit und den Alltag sehr viel angenehmer. 

Welchen Herausforderungen stehst Du in Deiner täglichen Arbeit gegenüber? 

Die Schule ist ein recht enges, staatliches System. Hier sind die Umsetzung von Innovationen und Ideen oft relativ herausfordernd, besonders mit den knappen Ressourcen Zeit, Personal und Technik. Schule ist soviel mehr als 90 Minuten lang abzuliefern und dann nach Hause zu gehen – das wäre sehr langweilig. Wir müssen also kreativ werden und überlegen, wie wir unsere Ressourcen effektiv einsetzen und technische Einschränkungen überwinden können, um, wie beispielsweise bei den Zusatzqualifikationen, jenseits des Rahmenlehrplans etwas zu bewegen. 

Was möchtest Du jungen Menschen vermitteln (in drei Worten)? 

Wertschätzung, Wissen und Mut.

Welche drei Dinge sind in Deinem Job unerlässlich? 

Einiges an Gelassenheit, ein gut geführter Kalender und Zugang zu E-Mails. 

Was sollte man mitbringen, wenn man eine Ausbildung in der Branche beginnen möchte? 

Herzlichkeit, große Lust auf Gastgebertum und Leidenschaft sowie Neugier für Kulinarik, sprich: für Speisen und Getränke. Außerdem sollte man ein Teamplayer sein und gerne kommunizieren, sei es mit Kolleg:innen oder Gästen.

Was, glaubst Du, braucht die Branche jetzt? 

Wir müssen die dualen Ausbildungen wieder attraktiv machen und zeigen, welch eine tolle Grundlage sie für die berufliche Karriere bilden und welch hohes Gut sie für Deutschland sind. Das gilt allerdings branchenübergreifend. Die duale Ausbildung benötigt eine Imagekampagne, damit sie wieder die Wertschätzung erfährt, die sie verdient. Außerdem sollten wir Ausbildung neu denken. Auszubildende sind keine günstigen Mitarbeiter:innen, sie sind Markenbotschafter:innen. In der Ausbildung muss der Bildungsauftrag gegenüber den Auszubildenden ernstgenommen werden und es muss Zeit sowie Raum für Fragen oder Erklärungen sein. Auch das hat viel mit Wertschätzung zu tun.

Was gefällt Dir an der Frankfurter Branche? Was macht diesen Standort einzigartig? 

Für mich hat Frankfurt die perfekte Mischung aus Bodenständigkeit und Größenwahn. Es gibt viel Fluktuation, ist ein Kommen und Gehen und sehr international. Das spiegelt sich auch in der Branche wider. Die lokale Gastro- und Hotelwelt ist groß, vielseitig, offen und herzlich. Von der Sterneküche bis zur Apfelweinwirtschaft ist alles zu finden und jedes Konzept hat seine Berechtigung. 

Deine drei Tipps für Frankfurt? 

Ich empfehle auf jeden Fall, die Kunst und Museenvielfalt in Frankfurt zu entdecken. Da ist die MuseumsuferCard eine gute Anschaffung. Auch das English Theatre ist toll und eine wichtige, sehr bereichernde Institution für die Stadt. Für eine kleine Auszeit gefällt mir das Café im Liebieghaus sehr gut. An warmen Tagen kann man dort wunderbar in der Sonne sitzen – eine grüne Oase und leicht zu erreichen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

 
Geschmack der Sterne: Der Guide MICHELIN

Geschmack der Sterne: Der Guide MICHELIN

Die Rising Stars der Branche: DEHOGA-Hessenmeisterschaften 2023

Die Rising Stars der Branche: DEHOGA-Hessenmeisterschaften 2023