Wie kann die Digitalisierung dabei helfen, Auszubildende beim Lernen zu unterstützen und die Feedback-Kultur zwischen den Unternehmen und den Azubis zu vereinfachen? Wir haben mit Michael Hoffmann, dem Gründer der digitalen Lernplattform azubi:web, gesprochen. Er verrät uns, wie azubi:web den Azubi-Alltag erleichtern soll und wie das Angebot bei den Auszubildenden und den Ausbilder*innen ankommt.

Lieber Herr Hoffmann: Was ist Ihr Hintergrund? Kommen Sie aus dem Gastgewerbe?

Ich bin klassischer Hotelier. Zu Beginn meiner Karriere stand eine solide Ausbildung zum Hotelfachmann an, die ich im damaligen Holiday Inn Crowne Plaza in Sachsenhausen absolviert habe. Dann folgte eine Zeit in London, ein Studium der Betriebswirtschaft und nach dem Sammeln von Erfahrungen in den verschiedensten Bereichen, der Schritt in die Personalentwicklung. Diesen machte ich bei der InterContinental Hotels Group.

Seit wann gibt es das Angebot azubi:web?

Die Planungen und die Programmierung haben im November 2014 begonnen. Zum Ausbildungsstart Sommer 2015 waren alle 6 gastronomischen Berufe online.

Wie kamen Sie dazu, dieses zu entwickeln? Was hat Ihnen gefehlt?

Als ich vor einigen Jahren in einem Projekt den Ausbildungsberuf Hotelfachmann/-frau in Moskau eingeführt habe, musste ich feststellen, dass das verfügbare Lernmaterial mit dem identisch war, welches ich vor 30 Jahren zu meiner Ausbildung hatte. Da lag es nahe, etwas zu gestalten, was den heutigen Lernansprüchen entspricht - ein zeitgemäßes, generationengerechtes Lernsystem hat mir gefehlt.

Was gehört alles zum Angebot?

Zunächst gibt es für den Auszubildenen eine App und eine Webseite. Somit hat man mit seinem Handy alles parat um sich das Wissen für seinen Ausbildungsberuf anzueignen, gegen andere Azubis in einem Wissensbattle anzutreten, etwas nachzuschlagen oder auch sein Berichtsheft zu schreiben.

Das Ausbildungsunternehmen hingegen kann individuelle Stärken- und Schwächenanalysen erstellen und die Auszubildenden gezielt dabei unterstützen Lücken zu schließen. Hier steht in über 300 einzelnen Bereichen entsprechendes zusätzliches Lernmaterial zur Verfügung. Ebenfalls werden die Berichtshefte digital abgenommen und die Ausbilder können mit dem Azubi per Push-Nachricht kommunizieren. Und zur Abrundung werden die theoretische Zwischen- und Abschlussprüfung simuliert und der Auszubildende bekommt genau angezeigt, welche Bereiche er sich noch einmal näher anschauen sollte.

Wie sind die Rückmeldungen der User für die Anwendung?

Speziell nach den Prüfungen erhalten wir viel Feedback, auch von den Auszubildenden. Ein Azubi schrieb z. B. nach seiner Frühjahrsabschlussprüfung: „wollte mich nur mal kurz melden und schreiben, dass ich heute meine komplexe Abschlussprüfung hinter mich gebracht habe. Die Behandlung eines Arbeitsunfalls wusste ich sogar nur durch mein vieles Azubi:Web-Lernen“. Ein Cluster General Manager aus dem Süden der Republik schrieb uns, gerade in der vergangenen Woche: „azubi:web ist der digitale Brockhaus der Hotelfachausbildung! Die personelle Zukunft unserer Branche wird hier in einziger Art und Weise unterstützt, gefordert und gefördert. Gerade in dieser schwierigen Zeit lernen unsere Auszubildenden dank azubi:web mit viel Spaß und Engagement. Die Vorfreude ist groß, die gesamte Theorie bald wieder in der Praxis anwenden zu dürfen.“

Ob azubi:web funktioniert hängt jedoch stark vom Ausbildungsunternehmen ab. Durch azubi:web kauft man sich nicht von Ausbildungsaktivitäten frei. Die Ausbilder müssen mit dem System arbeiten, Feedback geben und unterstützen, damit die Motivation erhalten bleibt. Ein anschauliches Beispiel ist hier das Berichtsheft. Wenn ich als Azubi voller Engagement mein Berichtsheft schreibe, jedoch kein Feedback vom Ausbilder erhalte, kommt bei mir die Nachricht an, dass dies nicht wichtig ist. Warum sollte ich mich dann weiter engagieren?

Voller Stolz können wir sagen, dass bisher jeder Auszubildende, der in azubi:web seine simulierte Abschlussprüfung bestanden hat, auch bei der IHK Prüfung erfolgreich war. Wir lassen unser System einmal jährlich durch das Comenius-EduMedia-Siegel zertifizieren, um auch von wissenschaftlicher Seite die Rückmeldung zu bekommen, dass azbui:web den Kriterien eines pädagogisch wertvollen Lernsystems entspricht.

Wie viele Unternehmen und Azubis arbeiten mit der Lernplattform?

Bei den Unternehmen haben wir gerade die für uns magische Zahl von 1.000 Unternehmen geknackt, bei den Auszubildenden gehen wir mit großen Schritten auf die 20.000 zu.

Was macht die Branche in Ihren Augen zu einer Coolen?

Diese Branche ist cool, da beruflich alles möglich ist und für jeden das Richtige bietet. Eine Branche die es jedem ermöglicht, den American Dream auch außerhalb den USA zu leben.

Und zu guter Letzt noch Ihr Tipp: Wo gehen Sie in Frankfurt denn am liebsten essen?

Diese Frage ist für mich wirklich schwer zu beantworten, da ich nach Lust und Laune so viele Lieblingsrestaurants habe. Muss ich mich aber wirklich für eines entscheiden, ist es das Heimat-Restaurant. Besondere Atmosphäre, tolles Essen und die Hintergrundinformationen zu den immer treffenden Weinempfehlungen von Oliver Donnecker: Für mich einfach immer einen Besuch wert.

Vielen Dank, lieber Herr Hoffmann und weiterhin Ihnen und allen Azubis viel Erfolg!