Mut zu wachsen: Expandieren in der Branche

Für Gäste ist es meist eine gute Nachricht: Der Lieblingsladen eröffnet eine zweite Filiale. Und auch für Gastronom:innen bedeutet eine Expansion: Es läuft gut. So gut, dass ein Standort nicht mehr ausreicht. Doch die Eröffnung weiterer Läden bringt einige Herausforderungen mit sich und wirft immer wieder die gleichen Fragen auf. Wir haben die Schritte einer Expansion in der Branche einmal unter die Lupe genommen und uns bei einigen Frankfurter Läden umgehört, die sich kürzlich für einen Familienzuwachs ihrer Marke entschieden haben. 

Die Eröffnung eines neuen Standorts ist für viele Gastronom:innen eine gängige Strategie, zu expandieren und die Präsenz ihrer Marke im Stadtraum zu erhöhen – nicht zuletzt, um neue Gäste zu erreichen. Ein zweites Lokal zu eröffnen erfordert jedoch eine gute Vorbereitung und bedeutet nicht nur mehr Einsatz an Personal und Waren, sondern auch deutlich mehr Organisation. Ausschlaggebend für ein erfolgreiches Management von mehreren Standorten ist unter anderem die zentrale Datenverwaltung und Standardisierung von Abläufen im Betrieb. Vom Lagerbestand, über den Wareneinsatz, bis zum Recruiting und der Personalplanung – der Aufwand wächst. Um Prozesse zu optimieren und Verschwendung zu vermeiden, muss mit ihm auch die Zentralisierung aller Daten vorangetrieben werden: Rezepte als Kerndaten, einsehbare Schichtpläne, Bestände als cloudbasierte Software. 

Wir haben genug Familie! Und einfach Lust gehabt.
— Valentino Mazzella, Super Bro’s

Bleibt in der Familie

Gerade bei traditionellen Läden, die Wert auf Authentizität und althergebrachte Familienrezepte legen, ist es ausschlaggebend, diese Tradition in neue Konzepte mitzunehmen. Auch den Super Bro’s war das wichtig, als sie neben ihrer Filiale im Oeder Weg einen zweiten Laden im Westend eröffneten. Die neapolitanische Pizza ihres Nonnos schmeckt dort genauso gut wie im Stammladen. „Wir sind sehr traditionell, was Produkte und Handwerk angeht, darauf achten wir“, erklärt Super Bro Valentino Mazzella. „Jede Eröffnung ist eine Herausforderung, aber das macht es, glaube ich, auch aus.“ Warum sie eine neue Filiale eröffnet haben? „Wir haben genug Familie! Und einfach Lust gehabt.“

Das Gefühl mitnehmen

Tradition und Authentizität sind auch bei den Läden des MONZA eine Herzensangelegenheit. Die Geschäftsführer Raphael Banzhaf und Marco Siciliano möchten mit ihrem typisch italienischen Caffè & Bar-Konzept den Charme einer echten Espressobar nach Frankfurt bringen. „Es soll sich anfühlen wie ein kleiner Italien-Moment“, erklärt Raphael. Dabei geht es um viel Liebe zum Detail: italienisches Radio, echte Cornetti und ein höherer Tresen als in Deutschland üblich – für einen Espresso im Stehen. „Die Herausforderung bei unserer ersten Expansion auf die Fressgass war, diesen Stil von unserer Filiale auf der Schweizer Straße in ein neues Umfeld zu bringen und Wiedererkennungswert zu schaffen.“ Hierfür haben sie mit viel Gold, grünem Marmor, Mosaikboden und fester Farbpalette eine eigene CI entwickelt, um in dem modernen Gebäude auf der Fressgass das gleiche Gefühl zu vermitteln wie im charmanten Altbau in Sachsenhausen.

Auch bei unserer neuesten Filiale auf dem Römerberg möchte wir, dass Gäste hereinkommen und sagen: Ja, das ist MONZA.
— Raphael Banzhaf, MONZA Caffè & Bar

Ein weiterer grundlegender Punkt ist die jeweilige (lokale) Strategie am neuen Standort. Denn nicht zwangsläufig bedeutet die Eröffnung einer neuen Filiale, eine genaue Kopie des funktionierenden Konzepts zu kreieren. Es kann lohnenswert sein, das Grundkonzept der Marke sowie das Look&Feel beizubehalten, jedoch einen anderen Schwerpunkt zu legen und so noch einmal eine andere Facette des Betriebs zu zeigen, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und eine weitere Zielgruppe anzusprechen. 

Neuer Laden, neue Stadt

Während die Super Bro’s in ihrem Laden im Grüneburgweg die exzellente Pizza um ein Angebot an frischen Salaten und Desserts erweitert haben, setzen die Branchen-Kolleg:innen vom rimini auf den kongenialen Partner der italienischen Pizza: Pasta. Die Kult-Pizzeria aus Offenbach zieht mit einem Nudelkonzept in die Neue Altstadt. Die Qualität soll die gleiche bleiben. „Unsere Expansion ist für uns ein aufregender Schritt. Nicht nur, weil wir wachsen, sondern vor allem, weil wir das, wofür wir stehen, in neue Städte wie Frankfurt bringen möchten“, erzählt Mitgründer Erfan Mohebbi. Warum Frankfurt? „Diese Stadt pulsiert vor Energie, Kreativität und Vielfalt. Das sind Werte, die auch unsere Arbeit antreiben. Für uns ist das eine Chance, unsere Ideen mit einer dynamischen Community zu teilen und Teil eines spannenden Netzwerks zu werden.“ Grundsätzliche Herausforderungen sehen sie im Finden der richtigen Räumlichkeiten, dem Aufbau eines neuen Teams und der Anpassung an lokale Gegebenheiten – um dann einen inspirierenden Ort entstehen zu lassen.

Wir sind gespannt, was die Zukunft bringt, und freuen uns darauf, Frankfurt ein Stück mitzugestalten.
— Erfan Mohebbi, rimini

Tipps vom Tausendsassa 

Erfahren in der Ausweitung eines Erfolgskonzepts ist das Team von Hoppenworth & Ploch. Eine der Lieblingsröstereien der Stadt schenkt ihren Kaffee in einigen unterschiedlichen Läden in Frankfurt aus. Während die Cafés im Nordend und der Neuen Altstadt Gemütlichkeit versprechen und im Sommer mit behaglichen Terrassen locken, versorgt die Kaffeebar von „Hopplo“ auf dem Campus Westend Studierende mit dem schnellen Koffeinkick zwischen Vorlesung und Seminar.„Die Herausforderung einer Expansion ist, zunächst ein Konzept zu kreieren, welches ansprechend ist und die Mitarbeitenden ebenso begeistert, wie uns“, erzählt Geschäftsführer Joris Kohnen. „In der Bauphase dann vor allem Workflows vorauszudenken und ein Sortiment zu planen, das Lust schafft, vorbeizukommen. Anschließend die Qualität auch bei einer Skalierung aufrecht zu halten und in der Qualitätskontrolle sich nicht von einer höheren Nachfrage dazu verleiten zu lassen, Produkte trotz Fehlern durchzuwinken.“

Ein Gesicht für Qualität

Die Zusammenarbeit im Team verändere sich durch weitere Filialen auch, da die eigene Präsenz am Standort geringer werde. Joris: „Wir haben ein super Team aus Standortleitungen, welches uns dann vertritt und die Bedürfnisse des Standorts sammelt.“ Im Management seien dann Vertrauen ins Team, gutes Setzen von Prioritäten und viel Kommunikation mit den Standortleitungen notwendig. Der neueste Zugang, die Altstadt Bäckerei direkt neben ihrem Café, bietet hausgebackenes Brot, Patisserie, ausgewählte Naturweine und Feinkostspezialitäten. Und warum die Expansion? „Wir möchten die Qualität in der Gastronomie stets erhöhen und eine faire und freundliche Atmosphäre schaffen. Durch unsere Altstadtbäckerei konnten wir unserer Backproduktion, die seit Jahren unsere Produkte herstellt, einen expliziten Anlaufpunkt und somit ein Gesicht in der Stadt geben“, erklärt Joris. 

Im Multi-Standort-Management sind Vertrauen ins Team, gutes Setzen von Prioritäten und viel Kommunikation mit den Standortleitungen ausschlaggebend.
— Joris Kohnen, Hoppenworth & Ploch

Und auch im neuesten MONZA in der Nachbarschaft am Römerberg setzen sie auf eine Variation ihres Konzepts. Die Fläche ist zweigeteilt, in einen Barbereich mit klarer MONZA-Linie und einen neuen Sitzbereich, der sich nahtlos einfügt. Auch haben sie aufgrund hoher Nachfrage ihr kulinarisches Portfolio erweitert und bieten jetzt nicht nur Kuchen und Hörnchen, sondern auch Snacks und Speisen sowie Fingerfood oder auch Catering an. Raphael findet: „Die größte Herausforderung besteht eigentlich darin, bei einem neuen Konzept den Wiedererkennungswert zu wahren und das Feeling der Marke spürbar zu machen.“

Wir hoffen auf viele weitere Filialen. Welches Eurer präferierten Konzepte hat ebenfalls seine Präsenz vergrößert? Habt Ihr bereits einen Expansionsprozess hinter Euch?

*Die Bildrechte liegen bei den jeweiligen Läden.

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