Tradition leben: Im Gespräch mit Johann und Pierre von Herkert Catering
1897 bis heute – was vorletztes Jahrhundert als kleine Metzgerei in der Humboldtstraße im Nordend begann, ist heute der Lieferant für allerlei Leckeres in nahezu allen Towern in der Frankfurter City. Herkert Catering wird mittlerweile in der vierten Generation geführt und ist einer der wunderbaren Traditionsbetriebe der Frankfurter Branche, mit denen viele von uns aufgewachsen sind. Wir haben in einem der Feinkostläden vorbeigeschaut und mit Geschäftsführer Pierre Gonzales und Event Planer Johann Schmidt-Opper über lebendige Traditionen, frische Ideen, Privatjets und im wahrsten Sinne des Wortes Küchenpsychologie gesprochen.
Catering Calling: Johann, wie bist Du in die Branche gekommen?
Johann: Ich habe bei Herkert angefangen, bin sozusagen “ein Spieler aus der eigenen Jugend“. Als Minijobber habe ich vor allem als Catering-Fahrer gearbeitet, was mir den Job in der Eventbranche im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft gemacht hat. Als man mir die Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann angeboten hat, habe ich direkt zugesagt. Es hat Spaß gemacht und ich war neugierig, noch mehr hinter die Kulissen zu schauen. Corona war natürlich eine Herausforderung während der Ausbildung, trotzdem habe ich das Gefühl, viel gelernt zu haben. Ich konnte meine Ausbildung auf 2,5 Jahre verkürzen und arbeite mittlerweile seit zwei Jahren als Event Manager bzw. Planer bei Herkert, wo ich nun auch im Personalbereich tätig bin.
Herkert wurde 125 Jahre alt – was macht die Arbeit in einem Traditionsunternehmen so besonders?
Johann: So eine lange Geschichte ist natürlich spannend und die Atmosphäre in einem Familienunternehmen, das mehrere Generationen durchlebt hat und in dem die Familie auch noch präsent ist, sehr angenehm und bereichernd. Es gibt einfach eine gewisse Nähe und kurze Wege. Ich darf meinen Senf dazugeben und arbeite hier eng mit meinem Chef zusammen – es findet viel Austausch statt, wir finden klare Worte und haben natürlich Spaß.
Pierre: Das Spannende an einem Traditionsunternehmen ist auch, eine bestehende Marke kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wir stellen uns permanent die Frage: Wie können wir bestehen? Dabei haben wir eine Basis, eine Geschichte, auf die wir aufbauen können. Zugleich beschäftigen wir uns mit zeitgemäßen Konzepten wie der Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance. Ausschlaggebend in solch einem Betrieb ist außerdem die Stammkundschaft. Viele Kund:innen begleiten uns seit Jahrzehnten, teilweise über mehrere Generationen. Der gute Ruf und die langjährigen Kundenbeziehungen sind für das Geschäft das wertvollste Gut.
Herkert bedeutet nicht nur Catering. Welche Bereiche habt Ihr und was macht sie aus?
Pierre: Alles hat mit einer Metzgerei vor 125 Jahren angefangen, bevor Matthias Herkert dann vor 25 Jahren das Konzept seiner Urgroßeltern mit einem Cateringbereich ausgebaut hat. Die ältere Kundschaft kennt uns vor allem als Metzgerei, während wir bei den Jüngeren eher als Catering Service bekannt sind – denn heute sind wir in ganz Frankfurt mit unseren Speisen und Fingerfood vertreten. Von der reinen Metzgerei sind wir weg und mit einem vielseitigen Konzept sowie 36 Festangestellten breit aufgestellt. Neben dem Catering und den Events bieten wir in unseren Läden auf dem Oeder Weg und der Eckenheimer Landstraße Feinkost, Fleisch und einen saisonalen, regionalen Mittagstisch an. Wir bekochen außerdem Privatjets am Frankfurter Flughafen. Diese Breite in unserem Angebot ist neben dem guten Ruf ein unheimlicher Vorteil, der durch Krisen – wie die Coronazeit – rettet. In allen Bereichen setzen wir auf unsere Wurzeln, sind bodenständig und regional. Tradition und Qualität stehen bei uns an erster Stelle.
Wo möchtet Ihr langfristig hin?
Johann: Das langfristige Ziel ist natürlich, die Tradition fortzuführen. Wir möchten diese hohe Qualität und den Standard sowohl im Service als auch in unserer eigenen Produktion halten.
Pierre: Wir setzen auf Sorgfalt, bei uns wird jede Möhre selbst geschält. Gleichzeitig schauen wir, dass nichts übrig bleibt und wir nachhaltig arbeiten. Auch unser Service ist außergewöhnlich. Durch die zentrale Lage unserer Produktion können wir kurzfristige Anfragen sehr schnell und gut möglich machen. Diese kurzen Wege und Unkompliziertheit machen uns besonders, das möchten wir beibehalten.
Was ist das “Coole“ an Eurer Arbeit?
Johann: Das Coole an einer Ausbildung ist der starke praktische Bezug, der in dieser Branche einfach grundlegend ist. Gerade bei einem Event muss ich direkt mitten im Geschehen sein und gleichzeitig den Überblick behalten. Kolleg:innen, die aus dem theoretischen Bereich, wie einem Studium, kommen, sind oft erst einmal überwältigt. Das Coole an unserem Job an sich ist, dass ein Event und seine Planung ein dynamischer Prozess ist. Ein Event ist nicht statisch. Man muss es gemeinsam mit den Kund:innen entstehen lassen, ähnlich wie ein Künstler. Dabei ist jedes Event anders, der Beruf ist einfach unglaublich abwechslungsreich.
Pierre: An einem Event hängen auch immer unheimlich viele Emotionen – das ist reizvoll. Für unsere Kund:innen haben ihre Feiern immer eine große Bedeutung und wir müssen uns auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einstellen, wir sind oft Seelsorger oder Psychologe. Wenn eine Braut weint, weil das Chicorée-Blatt auf dem Teller auf 4 statt auf 12 Uhr liegt, dann muss man das ernst nehmen. Das Coole bei uns ist außerdem die Energie im Team. 80 Prozent unserer Mitarbeiter:innen haben einen internationalen Hintergrund, wir sind sehr divers mit ganz unterschiedlichen Charakteren. Außerdem legen wir Wert auf einen guten Ton – Geschrei gibt es bei uns nicht. So haben wir durch Praktika viele Lehrlinge gewinnen können, denen es bei uns gefallen hat. Motivation ist alles – das muss aber aus dem Unternehmen selbst kommen.
Was sind die Zutaten für ein gelungenes Event?
Johann: Definitiv eine gute Planung. Wir bekommen sehr unterschiedliche Anfragen, bei denen die Kundenvorstellungen teils noch sehr vage, teils jedoch schon sehr klar definiert sind. Um hier eine exakte, gemeinsame Linie zu finden, führen wir sehr viele Gespräche. Bei der Durchführung ist dann Vertrauen essentiell, das benötigen wir. Am Ende steht die Dankbarkeit und ein:e zufriedene:r Kund:in – das ist das Schönste.
Was sollte man für eine Ausbildung in der (Event-)Branche mitbringen?
Johann: Auf jeden Fall Flexibilität, Verbindlichkeit und Kontaktfreudigkeit. Außerdem muss man Bock auf die Sache haben, hilfsbereit sein und anpacken können – man merkt sofort, wenn jemand für etwas brennt oder eben nicht. Und natürlich Fingerspitzengefühl im Umgang mit der Kundschaft.
Pierre: …das ist sehr wichtig! Ein Event bedeutet auch Leben – der Anlass ist also nicht immer freudig. Hier sind Empathie und Diplomatie grundlegend, denn wir sind oft mehr als Dienstleister.
Was ist Euer Credo?
Johann: Am Ende wird alles gut (lacht).
Pierre: Das wird schon!
Welchen Herausforderungen steht Ihr in Eurer täglichen Arbeit gegenüber?
Johann: Sich auf verschiedene Menschen einzustellen und ein Event zu entwickeln, ist sowohl das Schönste als auch das Herausforderndste. Oft muss man auch in Streitsituationen zwischen den Auftraggeber:innen vermitteln und einen Kompromiss zwischen Grill- und Veggie-Buffet finden. Man muss viele Fragen stellen, vieles gleichzeitig bedenken und alles unter einen Hut bekommen. Egal, wie gut ein Event geplant ist, man sollte sich immer auf spontane Zwischenfälle einstellen und lösungsorientiert denken.
Pierre: Kein Event ist perfekt. Es ist immer etwas Anspannung im Spiel, schließlich verwaltet man im Grunde auch das Geld der Kundschaft. Oft findet man zudem dann andere, unerwartete Gegebenheiten vor Ort vor. Die gilt es gut zu managen – da wird viel verziehen und oft merkt es der Kunde nicht einmal. Wir sind die Heinzelmännchen, die hinter den Kulissen alles möglich machen. Nach einigen Jahren kennt man auch seine Pappenheimer – das ist viel Wert.
Johann, welchen Rat hättest Du damals gerne als Einsteiger in die Branche bekommen?
Johann: Dass die Praxis zählt – lieber vor Ort statt per Mail! Ich halte sehr viel vom Learning by Doing. Und natürlich sollte man aus Fehlern lernen und es beim nächsten Mal besser machen.
Was war Dein verrücktestes Erlebnis in Deinem Job bisher?
Johann: Jedes Event ist auf seine Art verrückt. Bei einer Hochzeit beispielsweise haben Braut und Bräutigam oft einen genauen Plan – allerdings nicht denselben. Das können Kleinigkeiten wie der Mitternachtssnack sein – oft entstehen dann im Gespräch sehr verrückte Situationen. Ein Event, das mir in Erinnerung geblieben ist, ist der Neujahrsempfang der Stadt Frankfurt im Römer mit 1600 Gästen. Wir hatten das volle Programm mit Speisen, Getränken und Service – das war in dieser Größenordnung sehr aufregend.
Deine Ziele für die Zukunft?
Johann: Mir ist berufliche sowie private Weiterentwicklung und Vereinbarung sehr wichtig. Ich betreibe auch Leistungssport und möchte sowohl darin als auch im Beruf auf einem hohen Niveau bleiben.
Was ist das Besondere an der Frankfurter Branche?
Johann: Der Mix aus traditionell und innovativ gefällt mir sehr gut. Man findet Gutbürgerliches und Progressives dicht beieinander. Diese Vielfalt ist sehr besonders.
Deine drei Tipps für Frankfurt?
Johann: Das Oosten im Ostend ist immer eine gute Idee! Außerdem kann ich das Riverdream-Hausboot empfehlen, ein Boot auf dem Main, das als Eventlocation dient. Beim MainÄppelHaus auf dem Lohrberg kann man außerdem schön draußen sitzen, hat tollen Skylineblick und fühlt sich wie auf einem Weingut.
Ein perfekter Frankfurt-Tag…
Johann: …findet definitiv am Main statt, mit Freund:innen und einem Bierchen.