Kulinarische Zeitreise: Frankfurter Läden mit Geschichte
Die Frankfurter Gastro- und Hotelszene ist immer in Bewegung. Bei der Freude über neue Konzepte kommt aber auch die Wertschätzung alteingesessener Lokalitäten nicht zu kurz. In der Stadt zeugen einige Restaurants und Hotels von vergangenen Zeiten und gastronomischen Traditionen. Oft sind diese seit Generationen eng mit ihrem Stadtteil und der Nachbarschaft verbunden. Bei einer kulinarischen Zeitreise nehmen wir heute ein paar dieser Läden unter die Lupe. Diese sind ganz unterschiedlich – gemeinsam haben sie ihre lange Geschichte.
Titelfoto: © Eis Fontanella Frankfurt
Apfelweinkultur mit jahrhundertelanger Tradition
Es liegt nahe, die historische Reise mit den Frankfurter Apfelweinlokalen zu beginnen. Im Jahre 1638 wurden in Frankfurt am Main die Reinhaltungsbestimmungen für Apfelwein festgelegt. Die Liste der Apfelweinlokale ist lang. Die Liste der traditionellen mit Wurzeln in den letzten Jahrhunderten ist nicht viel kürzer. In Alt-Sachsenhausen werben mehrere Apfelweingaststätten damit, zu den ältesten in Frankfurt zu gehören. Achtung, Jahreszahlen: Wir schauen sie uns mal genauer an.
Fotos: © Apfelwein Wagner
In der Schweizer Straße findet sich das auffällig bunte Restaurant „Zum Gemalten Haus“. Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich an dieser Stelle ein Apfelweinlokal. Im Besitz der Betreiberfamilie ist das Restaurant nun schon seit mehreren Generationen. Im 1902 erbauten Haus nebenan wurde auch bereits von Anfang an Apfelwein ausgeschenkt. Adolf Wagner und Ehefrau Leni erwarben das Gebäude dann 1931. „Atschel“ in der Wallstraße befindet sich in einem 1861 erbauten Haus. Seit 1912 kommen hier Gäste in den Genuss des Frankfurter Signature Getränks. Aktuell hat der ehemalige Chefkoch Oliver Ullmann das Lokal übernommen. 20 Jahre lang hatte er sich vorher um die Speisen gekümmert. Das „Fichtekränzi“ ein Haus weiter wurde 1849 gegründet. Der jetzige Inhaber Klaus Borsch übernahm 1993. Apfelwein und Frankfurter Speisen blieben und wurden mit seinem Koch international erweitert.
Von Sachsenhausen reisen wir erstmal nach Bornheim und dann sogar direkt bis ins 16. Jahrhundert zurück. „Apfelwein Solzer“ wurde damals nämlich erstmalig erwähnt. Über viele Namens- und Betreiberwechsel landete das Anwesen 1893 bei der Familie Solzer. Diese führt in mittlerweile fünfter Generation das Lokal. Den heutigen Namen verlieh Inhaber Karl Solzer 1969.
Das toppt „Haus Wertheym“ am Römerberg allerdings noch. Der Grundstein für das Fachwerkhaus wurde wohl um 1400 gelegt, 1600 wurde es errichtet. Es ist heute laut Wikipedia „das einzige im Originalzustand erhaltene Haus mit freiliegendem Fachwerk in der Frankfurter Altstadt“. Bei der Renovierung 1926 befanden sich bereits ein Café und eine Gaststätte im Erdgeschoss. 1963 wurde Haus Wertheym durch die Stadt und die jetzigen Besitzer erneut renoviert und unter Denkmalschutz gestellt.
Noch weiter zurück im kulinarischen Zeitstrahl? Der „Apfelweinkontor“ ist dieses Jahr in das älteste Wohnhaus der Stadt gezogen. 1292 wurde das kleine Fachwerkhaus in der Schellgasse 8 erbaut. Nun kann man dort nicht nur viel Geschichte atmen, sondern auch leckeren Apfelwein verkosten.
Aus aller Welt nach Frankfurt
Jenseits von Apfelwein und Frankfurter Traditionsspeisen sind aber auch bei den internationalen Restaurants einige Alteingesessene zu finden.
„Bombay Palace“ in Sachsenhausen beispielsweise gilt als das älteste indische Restaurant Frankfurts. Gegründet wurde es 1987. Seitdem bietet es nordindische Spezialitäten aus dem Tonofen und vom Holzkohlegrill an. Das erste thailändische Restaurant Frankfurts ist das „Bangkok“ im Sandweg. 1974 wurde es eröffnet und wird mittlerweile in zweiter Generation weitergeführt. Mit „BKK Thai Street Food“ im Oeder Weg hat es auch im hohen Alter noch Familienzuwachs bekommen.
Fotos: © Bangkok Restaurant
Frankfurt weist außerdem einige alte italienische Restaurants auf. Bei denen sind zum Teil schon Kindeskinder Stammgäste. Die Pizzeria „Da Angelo“ gilt als Frankfurts älteste Pizzeria. Aktuell wird das Lokal in der Homburger Landstraße in der Presse häufiger im Zuge des U5-Ausbaus erwähnt. Durch deren Verlängerung von Preungesheim zum Frankfurter Berg wird nämlich ein Abriss des Lokals diskutiert. Eine alte Bockenheimer Instanz ist „Da Cimino“ in der Adalbertstraße. 1970 eröffnete diese Pizzeria. In den kommenden Jahrzehnten verbreiteten sich Lokale mit gleichem Namen durch die Stadtteile. Noch immer erfreut sich der Ursprung aber großer Beliebtheit. Zwei Jahre später eröffnete Paolo Rustignoli in Bornheim eine Stammpizzeria: „Dick und Doof“. Seit 2018 gibt es nun auch eine weitere Filiale auf der Schweizer Straße.
Süße Traditionen
In Sachen Eisdiele scheiden sich übrigens die Geister. Zu den ältesten Läden zählen in jedem Fall das „Fontanella“ in der Kaiserstraße und das Eiscafé „Alberto“ in der Nähe der Konstablerwache, das seit 1979 von Alberto Soldans Familie betrieben wird.
Fotos: © Eis Fontanella Frankfurt
Das älteste Kaffeehaus der Stadt ist das „Café Liebfrauenberg", gegründet 1893 von Minna und Lorenz Bräutigam unter dem Namen Café Bräutigam. Dicht folgen zum Beispiel die Kaffeedynastie „Wacker“, deren Grundstein Luise Wacker 1914 mit nur 26 Jahren mit ihrem Feinkostgeschäft am kleinen Kornmarkt legte, und das legendäre „Café Laumer“ im Westend, das seine bewegte Geschichte 1919 begann.
Luise Wacker und Filiale am Kornmarkt 1919 Fotos: © Wacker’s Kaffee
Ein historisches Dach über dem Kopf
Auch die Frankfurter Hotels blicken auf eine lange Geschichte zurück und erzählen als Traditionshäuser eine jahrhundertelange Geschichte.
So zum Beispiel der „Weidenhof“, der Anfang des 17. Jahrhunderts erstmals erwähnte älteste Gasthof auf der Zeil. Er zählte im 18. Jahrhundert spätestens ab der Übernahme durch Friedrich Georg Göthe, dem Großvater Johann Wolfgang Goethes, zu den ersten Hoteladressen der Stadt. Als sich die Zeil im 19. Jahrhundert immer mehr zu einer Geschäftsstraße entwickelte, erlosch der Hotelbetrieb im Weidenhof und das Gebäude wurde abgerissen. Heute erinnert der gleichnamige Gastrobetrieb in einem der Glaspavillons auf der Zeil noch an das Hotel.
Bleiben wir bei der Familie Goethe: Ein Hotel, bei dem meist im gleichen Atemzug der Dichter erwähnt wird, ist die „Gerbermühle“. Im 14. Jahrhundert als Lehngut erbaut, errichtete man dort im 16. Jahrhundert eine Getreidemühle. Im 17. Jahrhundert wurde das Gebäude als Gerberei genutzt – was gemeinsam den heutigen Namen ergibt. Der Frankfurter Bankier Johann Jakob von Willemer, der mit Goethe befreundet war, pachtete die Gerbermühle im Jahr 1785 als privaten Sommersitz und baute sie um – weshalb Goethe sehr viel Zeit dort verbrachte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Gerbermühle von der Stadt Frankfurt saniert und als Ausflugslokal genutzt. Im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört, wurde sie erst in den 70er Jahren erneut aufgebaut. Werner Kindermann erwarb 2001 das baufällige Gebäude und sanierte sowie renovierte es grundlegend – das Ergebnis begeistert nun wieder Gäste und Ausflügler:innen.
Aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammen einige der heute besten Adressen in und um Frankfurt. Der legendäre „Frankfurter Hof“ wurde 1872 bis 1876 auf dem Gelände des ehemaligen „Weißen Hirsches“ durch Karl Jonas Mylius und Alfred Friedrich Bluntschli errichtet und war direkt eine der edelsten Anlaufstellen der Frankfurter Branche. Im Jahr 1940 erwarb Albert Steigenberger das Hotel.
1889 bis 1893/94 wurde das Schloss Friedrichshof in Kronberg im Taunus als Witwensitz für die ehemalige deutsche Kaiserin Victoria erbaut. Seit 1954 befindet sich dort das „Schlosshotel Kronberg“, das in 5-Sterne-Glanz erstrahlt und dieses Jahr also seinen 70. Geburtstag feiert.
Das 1908 bis 1909 als Offizierserholungsheim errichtete „Falkenstein Grand“ wurde auch als Krankenhaus genutzt und 1999 als Hotel der Kempinski-Gruppe eröffnet. Seit Januar 2020 gehört es zusammen mit der 1888 erbauten und 1956 erstmals als Hotelbetrieb „Hotel Sonnenhof“ eröffneten „Villa Rothschild“ zur Autograph Collection von Marriott International.
Und auch das „Kempinski Hotel Frankfurt Gravenbruch“ kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. 1586 von den Herren von Heusenstamm als Gravenbrucher Hof erbaut, wurde dem Hof 1885 die Waldgaststätte Forsthaus Gravenbruch angegliedert, die sich zur Jahrhundertwende zu einem beliebten Ausflugsziel des Frankfurter Adels entwickelte. Nach erheblicher Kriegszerstörung übernahm 1976 die Kempinski AG die Leitung des Hauses und eröffnete es nach einem Umbau 1980 als Hotel wieder.
Fotos: © Jimmy’s Bar
Nachtleben mit Geschichte
Gerührtes und Geschütteltes mit Tradition findet sich wiederum im Frankfurter Nachtleben. Die legendäre „Jimmy’s Bar“ im ehemaligen Hessischen Hof ist nach eigener Aussage die älteste Bar Frankfurts – und eine feste Größe in der Branche. Sie wurde am 25. Dezember 1951 eröffnet und hat bereits einige illustre Gäste bewirtet, darunter Ella Fitzgerald, Helmut Schmidt, Udo Lindenberg, die Rolling Stones und AC/DC. Vorübergehender Betreiber der Bar ist aktuell die Gekko Group.
Fotos: © Archiv des Hauses Hessen
Apropos Nachtleben – der älteste Nachtclub ist übrigens die „Pik Dame“, die 1959 als Kabaretthaus eröffnet wurde. Den „Jazzkeller“ gibt es seit 1952, was ihn zum ältesten Jazzclub Europas macht.
Arturo Sandoval 1991 & Mr. Ray Brown 1995 im Jazzkeller
Fotos: Jazzkeller © Eugen Braun